30.10.2017

Eine weitere Rezension

http://www.babyblaue-seiten.de/album_16906.html

Die Webseite "Babyblaue Prog-Reviews" schreibt:

Jens Lueck hat seit sich schon in frühen Jahren für die Musik begeistert. Daraus erwuchs später die Begeisterung für das Schlagzeugspiel und die Aufgaben des Toningenieurs. Lueck hat inzwischen als Produzent, Aufnahmeleiter und Mitkomponist unter anderem für Sylvan, Rainbow Serpent, Eloy, Syrinx Call und Rain for a Day gearbeitet.

Lueck hat schon lange den Wunsch umsetzen wollen, ein durch Art- und Prog-Rock beeinflusstes Album aufzunehmen. Da er sich die langsam entwickelnden Kompositionen bevorzugt, war ein ausgewachsenes Konzeptwerk naheliegend. Das erste Stück, das er für das vorliegende Album geschrieben hat („The Virus“), war direkt durch Porcupine Tree aus der Zeit von „Fear of a Blank Planet“ inspiriert.

In der dystopischen Konzeptgeschichte von „Splinter in the eye“ spiegelt sich die Vorliebe des Künstlers für die bizarren Szenarios wider. In diesem Fall wird die Geschichte einer unglücklichen Person in einem wissenschaftlichen (?) Labor erzählt und besungen, die dort ihre gesamte Kindheit und Teenagerzeit als ein Versuchsobjekt verbringt. In den ersten elf Lebensjahren wird sie – von der Welt vollkommen isoliert – ausschließlich von den Robotern bedient. Danach sollte sie bis zur Volljährigkeit der Medienwelt ausgesetzt und danach in die reale Welt entlassen werden. Leider (?) durchkreuzte der draußen ausgebrochene biologische Krieg diese Pläne, als das bedauernswerte Mädchen sechzehn war. In der Welt da draußen war es in der Zwischenzeit nämlich zu der Zuspitzung der Probleme gekommen, wie die religiös motivierten Konflikte, die Umweltverschmutzung und die sozialen Ungerechtigkeiten. Mit dieser Geschichte sollten wohl auch die dringenden Probleme unserer Zeit, wie die Kriege, die Isolation und die mediale Reizüberflutung angesprochen werden.

Zu den Aufnahmen von „Splinter in the Eye“ hat Jens Lueck einige Musikerkollegen und Kolleginnen eingeladen. Darunter sind drei Gitarristen (einer davon, Jan Petersen, hat mal bei Sylvan gespielt), eine Cellistin, ein Flötist und eine Geigerin. Die Sängerin Isgaard – im „echten“ Leben die Partnerin von Lueck – ist in vier Stücken zu hören. Der Projektchef zeichnet in erster Linie für das Schlagzeug und den zugleich angenehmen wie unauffälligen Gesang verantwortlich. Nur in der traurigen Ballade „I see you“ kann die Dramatik in der Gesangstimme schwer geleugnet werden. Damit erinnert mich die Stimmung an „The Wall“, noch ein Konzeptwerk über die Isolation.

Die Verbindung der verstörenden Konzeptgeschichte und der sich langsam steigernden Musik verlangt einem einiges an Geduld ab. Im meinem Fall hat sich diese aber gelohnt. Nach einigen Durchgängen begann ich die leicht versteckten Qualitäten des Albums wahrzunehmen. Hat man die Geschichte erst einmal verinnerlicht, könnte man dem überwiegend sehr bedächtig wirkendem Album auch eine leicht unheimliche Stimmung zuschreiben.

Die Musik empfinde ich als eine sanfte und melodische, sorgsam und durchdacht arrangierte Mischung aus Retro- und Neoprog, die nur selten auf rockigere Akzente zurückgreift. Umso überraschender wirken dann die harten Gitarrenriffs von „The Virus“, die nach acht sanften Stücken plötzlich um die Ecke kommen. (Das war wahrscheinlich mit der sich lange entwickelnden Konzeptgeschichte gemeint. In den ersten drei Minuten des Albums wird der Hörer zudem von dem fiktiven Dr. Barnaby zunächst einmal in die Geschichte eingeführt). Auch das auf „The Virus“ folgende Titelstück bietet die reizvollen Kontraste zwischen rockigen Gitarrenriffs und den atmosphärischen Passagen.

„Splinter in the Eye“ wird wahrscheinlich den toleranten und offenen Sympathisanten von Pink Floyd, Porcupine Tree, Sylvan, Genesis und Marillion (um mit nur wenigen Beispielen eine Richtung anzudeuten) zusagen.